Donnerstag, 5. Dezember 2013

Erfolg aus der Dose - RasenBallsport Leipzig

Der RasenBallsport Leipzig - ein Fussballverein, der wie kein anderer zwischen Gefahr und Hoffnung wandelt. Hoffenheim polarisierte mit seinem Werdegang, der 2008 im Aufstieg in die Bundesliga gipfelte, bereits ausgesprochen. Jetzt kommt Leipzig. Ein Projekt, das die Idee der TSG als beinahe scheinheilig darstellt. Dies meinen zumindest die Gegner. Über einen Fussballverein im Osten Deutschlands, von welchem man in Zukunft - wohl oder übel - noch einiges hören wird.

So richtig bewusst wurde es dem Fussballfan erst richtig, als man am 16. August 2008 die in so vielen Haushalten obligatorische Sportschau verfolgte. Hoffenheim zerlegte die chronisch abstiegsgefährdeten Cottbusser gleich mal mit 3:0. Auswärts, versteht sich. "Hoffen wer?", fragte sich der ahnungslose Zuschauer. Nicht, dass man zumindest am Rande einmal von diesem 5700-Einwohner-Dorf  gehört hatte, das in nur einer Spielzeit aus der damaligen Regionalliga in die grosse Bundesliga aufgestiegen war. Es schlich sich einfach eine Mischung aus Ungläubigkeit und Provokation in diese Frage ein. Vor allem für die Fussball-Romantiker war diese Geschichte mit einem faden Beigeschmack versehen. Mäzen Dietmar Hopp war es zu verdanken, dass man sich in Hoffenheim nun Bundesligist nennen durfte. Dieser investierte Millionen in den Verein, was sich beim neuen Stadion, dem neuen Trainingszentrum, sowie dem Spielermaterial sogleich auch augenscheinlich bemerkbar machte. Wer in der 2. Bundesliga mal eben sieben Millionen Euro für einen einzelnen Spieler locker machen konnte, musste sicher nicht über Geldprobleme klagen. In der traditionsbewussten Bundesliga stiess das natürlich nicht nur auf Wohlwollen. Hopp, der sonst jedes Heimspiel seines Teams, für welches er in der Jugend spielte, verfolgte, blieb etwa zu den Partien gegen BVB zu Hause. Wütende Hasstiraden wollte sich der SAP-Mitgründer nicht antun.Nun bahnt sich ein zweites Hoffenheim an, wobei sich selbst die mittlerweile etablierten Werksclubs aus Leverkusen und Wolfsburg gewissen Anfeindungen ausgesetzt sehen. Die Rede ist vom RasenBallsport Leizpzig.

Der RasenBallsport Leipzig wurde am 19. Mai 2009 gegründet. Was dem aufmerksamen Leser hier auffällt: Das ist doch gar nicht so lange her. Richtig. Ebenfalls wird dem aufmerksamen Leser, ohne mit besonderer Kreativität gesegnet worden zu sein, auffallen, dass das Vereinwappen stark dem eines grossen Getränkeherstellers nachempfunden worden ist. Auch bekannt unter dem Namen Red Bull. Interessant ist auch der Blick auf die Namensgebung. RasenBallsport Leipzig, was auf dem Vereinwappen mit dem Kürzel "RB" abgekürzt wurde. Ein Kürzel, das Ihnen, werte Leser, mit Sicherheit auch bekannt vorkommt. Wir helfen auf die Sprünge: Die Abkürzung von Red Bull ist - oh Wunder - "RB". Der Ausdruck "Red Bull" darf aufgrund einer Satzung der Deutschen Fussball-Liga nicht im Namen vertreten sein. Nun handelt es sich bei der Gründung dieses Fussballverein nicht um einen Einzelfall. Mehrere Clubs, darunter die New York Red Bulls oder der FC Red Bull Salzburg, darf Red Bull sein Eigen nennen. Weiter besitzt man auch Eishockeyteams, sponsert diverse Einzelsportler und kreierte eigene Wettkämpfe mit Augenmerk auf Extrem-Sportarten. Als wohl bekanntestes Engagement darf wohl die gleich mit zwei Rennställen vertretene Präsenz in der Formel 1 bezeichnet werden. Dort konnte man sich zuletzt vier Mal in Folge sowohl den Fahrer-, als auch den Konstrukteurstitel sichern. Maximaler Erfolg mit maximalen Mitteln. Mit einem beträchtlichen finanziellen Vorteil soll man sich ins Rampenlicht fahren oder spielen. Dies, damit die Marke noch mehr im Fokus ist. Nur Nike, Adidas und Coca Cola investieren mehr Geld für Werbung. Unter diesen Voraussetzungen überrascht es nicht, dass der österreichische Konzern 2009 den Verein mit dem Ziel möglichst viel Profit daraus zu schlagen, gründete.

Diese Konstellation macht es nicht einfach dem Verein Sympathie einzuhauchen. Zumal es den Gegnern nicht an Argumenten mangelt. Verträumte Bundesliga-Fans gedenken an die Zeiten, wo Stadtrivale Lok in guten Zeiten selbst die europäischen Schwergewichte ärgerte. Kommt dazu, dass der erste deutsche Fussball-Meister 1903 mit dem VfB Leipzig ebenfalls aus dem heute zumindest in Sachen Fussball gebeutelte Osten stammt. Das schmerzt vor allem, wenn der einstige Bundesligist Energie Cottbus abgeschlagen auf dem letzten Platz der 2. Bundesliga herumgurkt. Wesentlich brisanter sind die Vorwürfe zur Missachtung der ominösen 50+1-Regel. In Deutschland brüstet man sich damit, dass teils dubiose Investoren keine Freude an einem Einstieg in der Bundesliga haben. Möglich macht's die besagte Regel. Während Öl-Magnate oder Scheichs in Europa gesamte Vereine oder grosse Teile davon aufkaufen, hat man in Deutschland lediglich die Möglichkeit 49 Prozent eines Clubs zu übernehmen, was die alleinige Entscheidungsgewalt verhindert. In Hoffenheim umging man die Regelung sehr simpel. Während Hopp 49 Prozent der TSG hält, übernahm der Informatik-Konzern SAP weitere Teile des Vereins. Wie oben beschrieben ist Hopp Mitgründer der SAP. In Leipzig ging man einen anderen Weg. Einfach gesagt: Das Unternehmen ist der Verein.

Befürworter dieses Projekts weisen derweil auf die Vorteile, die es zweifelsohne auch gibt. Gründe findet man nur schon, wenn man die Lage der Region betrachtet. Leipzig ist mit 520'000 Einwohnern auf Platz zwölf klassiert in Deutschland. Tausende indirekte Arbeitsplätze könnte man mit dem Erreichen der Bundesliga generieren. Das WM-Stadion von 2006 wurde bereits aufgekauft und nennt sich mittlerweile Red Bull Arena. Man stellt sich eine volle Hütte vor. 45'000 Zuschauer pilgern alle zwei Wochen in diese moderne Arena. Da braucht es Security-Personal, Leute an den Verpflegungsständen. Von den Leipzigern Medien werden dann statt nur eines Journalisten, halt weitere Kräfte, wie ein Kamerateam ins Stadion geschickt. Die wirtschaftliche Bedeutung eines Bundesliga-Vereins in Leipzig wäre nicht von der Hand zu weisen.

Das Ziel dabei ist klar definiert: In ein paar Jahren soll man in der Red Bull Arena Bundesliga-Fussball verfolgen können. Dabei werden alle Hebel in Bewegung gesetzt. Für 30 Millionen Euro entstand ein neues Trainingszentrum, in welchem auch die Jugendteams beste Bedingungen geniessen. Diese Anstrengungen fruchten bereits: Alle Jugendteams bis und mit der U11 sind in der Tabelle unter den ersten drei Plätzen vertreten. Auch die erste Mannschaft hat zumindest in Sachen Rahmenbedingungen Bundesliga-Format. Bei Auswärtsspielen reist man früher an, um vor Ort in einem Hotel übernachten zu können. Während die Kontrahenten aus der Liga teils noch anderen beruflichen Tätigkeiten nachgehen, als dem Fussball. Das kommt bei RB nicht in Frage. Man hat sich mit ehemaligen Profi-Spielern ausgestattet. Zu diesen gehört auch der einstige Schweizer National-Torwart Fabio Coltorti.

Sportlich kamen die "Roten Bullen", wie sie sich selbst nennen, eher harzig in Fahrt. Nachdem man entgegen der Erwartung zweimal in Folge den Aufstieg in die 3. Liga verpasste, klappte es vergangenen Sommer. Nun belegt man dort den zweiten Platz, welcher zum direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga reichen würde. Die Vorstellung daran, dass Leipzig auf Kosten von Traditionsvereine aus Köln oder Kaiserslautern aufsteigt, ärgert, tut manchen gar weh. Wenn man den Weg weiterführt, wird RasenBallsport Leipzig bald auch die oberen Tabellenregionen der Bundesliga in Angriff nehmen. So sehr wir uns über die Diva Schalke 04 aufregen, wollen wir wirklich einen Getränkehersteller stattdessen in der Champions League sehen?

Naja, erstmal müssen die Leipziger diesen Weg schaffen. Bis dahin trinken wir Energy-Drinks von M-Budget. Ohne faden Beigeschmack.

1 Kommentar:

  1. Hallo,

    Habe den Blog-Artikel heute im St. Galler Tagblatt gesehen und natürlich nicht gezögert auch einmal einen Blick auf deinen gerühmten Blog zu werfen.
    Guter Eintrag, der ohnehin davon zeugt, dass du als Autor etwas von der Kommerzialisierung, die heutzutage leider auch schon die (heile) Fussballwelt eingeholt hat, verstehtst.
    Weiter so! Schau doch mal bei mir vorbei unter: andrinunterwegs.ch

    Weiterhin noch viel Erfolg mit deinem Blog.

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